Wofür steht "MKH"?

Die Frage, wofür die drei Buchstaben „M-K-H“ stehen, lässt sich zunächst einfach beantworten. Die Abkürzung besteht aus den Anfangsbuchstaben der „Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase“. Die kurz als „MKH“ bezeichnete Vorgehensweise ist eine sensible, rein optometrische Untersuchungsmethode, die von Augenoptikermeister Hans-Joachim Haase entwickelt wurde und mit deren Hilfe eine möglicherweise vorliegende Heterophorie sicher erkannt, gemessen und korrigiert werden kann.

Um es kurz in Erinnerung zu rufen: Der Begriff Heterophorie bezeichnet einen nicht sichtbaren (latenten), seitlichen horizontalen und/oder vertikalen (lateralen) Bildlagefehler, den man einem Menschen von außen nicht unbedingt ansieht. Durch diesen Bildlagefehler ist die optische Einstellung der Augen nicht ideal. (Ideal ist die optische Einstellung der Augen dann, wenn die Bilder eines angeblickten Gegenstandes in beiden Augen exakt in die Mitte ihrer Netzhautgruben abgebildet werden.) Dabei führen Längenunterschiede der Bewegungsmuskeln des rechten und linken Auges zu einem Ungleichgewicht der Muskeln, die die Blickrichtung der Augäpfel lenken. Wird das Ungleichgewicht nicht ausgeglichen, so wird der Punkt nicht genau in der Mitte der Netzhautgrube abgebildet und das Gehirn erhält zwei gleiche Bilder an unterschiedlichen Netzhautorten: Die Folge: Der Mensch sieht doppelt. Um dies zu vermeiden, kommt es in der Regel zu einem – unter Umständen mit erheblichen Anstrengungen verbundenen – dauerhaften Anziehen der äußeren Augenbewegungsmuskulatur – eine der häufigen Ursachen für Kopfschmerzen, schnelle Ermüdung und eine schneller nachlassende Konzentrationsfähigkeit. Deshalb steht die Abkürzung „MKH“ heute für mehr: Sie steht für das Lebenswerk ihres Vordenkers Hans-Joachim Haase ebenso wie für einen ganzheitlichen optometrischen Beratungs- und Lösungsansatz, der auch latent schielenden Menschen bei entsprechenden Korrektionen mit genau definierten prismatischen Brillenlinsen nicht nur ein scharfes, sondern auch ein völlig entspanntes räumliches Sehen ermöglicht.

Die Erfolge der MKH zeigen: Erst die richtige prismatische Vollkorrektion bestehender Heterophorien führt in den meisten Fällen zum störungsfreien Binokularsehen. Das Wort „Vollkorrektion“ beinhaltet jedoch nicht die dogmatische Forderung, jede Heterophorie voll zu korrigieren. In vielen Fällen kann auch eine gezielte Unterkorrektion zweckmäßig sein. In jedem Fall ist unter Berücksichtigung des Messwertes und bestehender Anstrengungsbeschwerden oder Sehstörungen zuerst zu prüfen, ob bzw. welche Form der Korrektion Erfolg verspricht.

Doch von den ersten Beobachtungen durch H.-J. Haase bis zur vollen wissenschaftlichen Anerkennung der MKH war und ist es ein langer und manchmal auch beschwerlicher Weg. 1915 als Sohn eines Augenoptikermeisters in Parchim geboren, absolvierte Hans-Joachim Haase zunächst eine Lehre als Uhrmacher. Eine Ausbildung zum Augenoptiker schloss sich an. Nach der Unterbrechung durch den II. Weltkrieg bestand er im Jahre 1951 die Prüfung zum Augenoptikermeister und nahm im Frühjahr 1953 eine Lehrtätigkeit an der ältesten deutschsprachigen Weiterbildungsstätte für Augenoptiker, der renommierten Staatlichen Fachschule für Optik und Fototechnik in Berlin auf (heute Studiengang Augenoptik/Optometrie der Beuth-Hochschule Berlin). Dort unterrichtete er unter anderem Augenglasbestimmung in Theorie und Praxis.

Doch sein Interesse galt schon bald nicht nur den herkömmlichen Methoden zur Bestimmung und Verordnung von Brillengläsern, die Fehlsichtigkeiten des Einzelauges wie Über-, Kurz- und Stabsichtigkeit korrigieren. Er widmete seine Aufmerksamkeit vielmehr der Frage, wie man nicht-ideale seitliche Bildlagen exakt identifizieren und die Augenmuskulatur mit entsprechenden Linsen so entlasten könne, dass das Objekt des Sehens mit beiden Augen nicht nur scharf, sondern darüber hinaus auch ohne Anstrengung wahrgenommen werden könne. Solche Gläser müssten das Bild genau in die Mitte beider Netzhautgruben projizieren, den Augenmuskeln damit das ständige "Anziehen" abnehmen und so ein entspanntes Sehen ermöglichen.

Bei weit mehr als der Hälfte der Bevölkerung ist dies von Natur aus nicht der Fall, man geht von einer Häufigkeit über 80 Prozent aus. Bei ihnen werden die Sehobjekte nicht optimal auf die Netzhaut abgebildet. Zwar gab es schon seit längerem Bemühungen und Versuche, diesen Menschen mit einer Prismenbrille zu helfen, aber es existierte keine Messmethode, die einen verlässlichen Wert für die erforderliche prismatische Wirkung der Brillengläser lieferte. Mit den historischen Messmethoden (Schober-Test, Moddox-Test, Osterberg-Test etc.) die teilweise noch heute Anwendung finden, ist es praktisch nicht möglich, verträgliche Brillenglaswerte zu ermitteln. Solche Brillengläser werden regelmäßig als unkomfortabel und nicht zufriedenstellend eingestuft, was zu dem falschen Schluss führt, dass prismatische Brillenglaswirkungen generell nur mit allergrößter Vorsicht zu verordnen seien, weil man sie nicht vertragen könne. Nach eingehender Analyse und praktischer Erprobung aller damals gebräuchlichen Messmethoden gelang Hans-Joachim Haase schließlich der Durchbruch: Aufbauend auf dem aus Großbritannien stammenden Turville-Infinity-Balance-Verfahren und einer von dem Berliner Augenoptikermeister Karl Schultze vorgeschlagenen neuen Polarisationstechnik entwickelte er ein eigenes Messgerät, das zunächst von der Firma Zeiss gebaut und unter dem Namen Polatest® vertrieben wurde. (Heute verzichtet kaum ein Hersteller von Seh-Prüfgeräten darauf, die etablierten speziellen MKH-Sehzeichen in die Menüs der binokularen Sehteste aufzunehmen.) Bei umfassenden Versuchen wurde die unter dem Namen „Polatest-Methodik“ bekannte Vorgehensweise in den folgenden Jahren immer weiter verfeinert und standardisiert. Heute steht sie als MKH-Methodik für eine vollständige monokulare und binokulare Vollkorrektion, die das Risiko einer Unverträglichkeit bei Übernahme der so ermittelten Werte in die Brille nahezu ausschließt.

Allerdings sind die physikalischen und optometrischen Zusammenhänge, die der MKH zugrunde liegen sehr komplex; ihr Einsatz benötigt Zeit. Zudem verlangt sie dem Untersuchenden jahrelange Schulung und Übung ab, um sie zu erlernen und geistig zu durchdringen. Das mag mitverantwortlich dafür sein, dass sie bis heute diversen dogmatischen Anfeindungen ausgesetzt ist und sich nicht flächendeckend durchsetzen konnte. In manchen Gegenden Deutschlands muss man lange suchen, bis man einen Augenoptikermeister oder einen der ganz wenigen Augenärzte findet, der sich in seiner Ausbildung intensiv mit dem Phänomen „Heterophorie“ beschäftigt und deren Identifikation und Korrektion mit der MKH „von der Pike auf“ erlernt hat. Diese wenigen Augenexperten konnten mit der MKH vielen Menschen nachhaltig helfen, bei denen ein Stellungsfehler der Augen zu Anstrengungsbeschwerden und Sehstörungen geführt hatte.

Nachdem die MKH-Methodik inzwischen durch zahlreiche Gerichtsurteile juristisch bestätigt wurde, ist es allen Anwendern, besonders aber allen latent schielenden (oder fachsprachlich: „heterophoren“) Menschen zu wünschen, dass sie in Zukunft eine größere Verbreitung finden wird. Hans-Joachim Haase selbst wird dies nicht mehr erleben dürfen. Er starb am 20. Dezember 2001.

Haase im Interview

Zahlreiche unserer zufriedenen Kunden fragen immer wieder,  wie die Mess- und Korrektionsmethodik nach Haase entstanden ist, in welchem Kontext sie steht, warum sie so sehr angefeindet wird und warum sie nicht noch stärker verbreitet ist. Ein Original-Interview  mit dem Meister aus dem Jahr 1990 gibt Auskunft. Es wurde vom damaligen Obermeister der Augenoptiker-Innung Schwerin aufgezeichnet und uns freundlicherweis von H.-J. Haases Sohn, dem Schulleiter Jens Haase aus Berlin, überlassen.

Haase berichtet in diesem Gespräch über seinen Werdegang und wie er dazu kam, die seinerzeit geltende Lehre über das beidäugige Sehen in Frage zu stellen und eine neue bisher unübertroffene Messmethodik zu entwickeln. Freuen Sie sich auf eine typisch deutsche Biografie des 20. Jahrhunderts.  Wir bitten die schwankende Tonqualität zu entschuldigen.

Haase erzählt I - III